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Struktur von Maide 5:109-120

  • kesfetmekursu
  • 22. Apr.
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 13. Juni


Buch mit goldener Verzierung auf gemustertem Teppich im Halbdunkel. Rechts Text: "El-Mâ'ide" in goldener Schrift. Atmosphärisch und ruhig.
Struktur von El-Maide

M.K. Yaşaroğlu schlägt eine Unterteilung der 5. Sure, Maide, in fünf Abschnitte vor: (1) vv. 1-5 fordern die Einhaltung der mit der Pilgerfahrt verbundenen Pflichten (Zeichen Allahs berücksichtigen, heiliger Monat, Opfertiere, Weihopfertiere und Pilger); (2) in vv. 6-11 werden Reinigungsvorschriften behandelt; (3) im dritten Teil (vv. 12-86) geht es um die Anhänger früherer Bündnisse (Juden und Christen) und das Verhältnis der Muslime zu ihnen; (4) im vierten Teil (vv. 87-109) wird eine Warnung vor allzu strenger Religionsausübung ausgesprochen, und es werden die falschen Praktiken der Jāhiliyyah-Zeit (Wahrsagerei, Alkohol, Glücksspiel, Jagd und Testament) behandelt; (5) schließlich konzentriert sich der fünfte Teil (vv. 110-120) auf 'die Privilegien, die Jesus von Allah gewährt wurden, und seine besonderen Wunder, und nach einer kurzen Erwähnung der Apostel werden die abergläubischen Vorstellungen der Christen über Jesus im Stil eines Dialogs zwischen Allah und Jesus korrigiert. Die Sūrah endet mit einem Vers, der die absolute Souveränität und Macht Allahs zum Ausdruck bringt.'1


Meines Erachtens ist im Gegensatz zu Yaşaroğlu auch V. 109 zum letzten Abschnitt (5) zu zählen. Mit der Einleitung ‘Yevme yecme’u’ ‘Tag der Versammlung’ wird ein Begriff verwendet, der im Koran zu einem festen Synonym des Jüngsten Gerichts geworden ist (siehe Hud 11:103; Schura 42:7; Teğabun 64:9).2 Mit den Worten ‘Jüngstes Gericht’ wird ein neuer Zeitabschnitt, ein neuer geographischer Ort und eine neue Szene - Gott spricht zu den Gesandten und unter ihnen vor allem zu Jesus - eingeführt. Der Begriff ‘Tag der Versammlung’ steht in keinem logischen Zusammenhang mit den vorhergehenden Versen (vv. 87-108), wohl aber mit den ihm folgenden Versen (vv. 109-120): Themen wie Gericht (vv. 115; 117-118), Fürsprache (v. 118) und Aufnahme ins Paradies (v. 119) sind alle charakteristisch für das Jüngste Gericht. Im gesamten Abschnitt nimmt der Gesandte Jesus neben Allah die zentrale Rolle ein. Auch in zeitlicher Hinsicht bildet der Abschnitt eine Einheit: Die Zeitangabe ‘Endgericht’ wird bis zum letzten Vers (v. 120) beibehalten: Auch Jesus wird beim Jüngsten Gericht Rechenschaft ablegen müssen (vv. 116-118), bevor Allah die Wahrhaftigen im Paradies empfängt (v. 119) und die Herrschaft Gottes vollständig wiederhergestellt wird (v. 120). Das ganze Geschehen in vv. 109-120 spielt sich vor Allah ab, und auch die Zuhörerschaft scheint dieselbe zu bleiben. Daher betrachten wir Maid 5:109-120 als einen logisch, geographisch und zeitlich zusammenhängenden Abschnitt.


Die Einfügung von v. 109 in den fünften Abschnitt gibt dem berichteten Geschehen eine neue Bedeutung: In Maide 5:109-120 spricht Gott über Jesus vor der versammelten Prophetenschar während des Jüngsten Gerichts (vv. 110-115), dann stellt er Jesus eine entscheidende Frage (v. 116), woraufhin Jesus sich erklärt (v. 117-118) und Gott das Urteil über die Wahrhaftigen unter Jesu Nachfolgern spricht (v. 119-120). Bevor wir uns an die Interpretation dieser entscheidenden Passage über Gottes Sicht des rechten Verhältnisses zu Jesus machen, interessiert uns die Struktur dieser prophetischen Voraussage:


(A.) Gott versammelt die Propheten auf der Suche nach einem Fürsprecher, aber keiner der Propheten ist in der Lage, eine Antwort zu geben. (Maide 5:109): ‘Am Tag (des Gerichts), da Allah die Gesandten (die er zu den einzelnen Völkern und Gemeinschaften geschickt hat, bei sich) versammelt und er dann sagt: "Was wurde euch (auf eure Botschaft) geantwortet? (Habt ihr Gehör gefunden?)" Sie sagen: "Wir haben (von uns aus) kein Wissen (darüber). Du (allein) bist es, der über die verborgenen Dinge Bescheid weiß."’


(A.I.) Jesus erfüllt das erste Kriterium des Fürsprechers (siehe TaHa 20:109): Da keiner der Propheten als Fürsprecher auftritt - alle sagen: ‘... Wir verfügen über kein Wissen darüber …’ (Maide 5:109; Zaidan) wählt Gott Jesus als Fürsprecher aus (Maide 5:110a): ‘(Damals) als Allah sagte [besser: Wenn Allah sagen wird (nämlich beim Letzten Gericht): (Rasoul)]: "Jesus, Sohn der Maria! ..."’

(A.I.I.) Gott stellt Jesus allen Gesandten der Menschheitsgeschichte vor und rechtfertigt seine Wahl, indem er seine Gnade, Gabe oder Gunst (ni’metî) an Jesus hervorhebt (Maide 5:110b). Diese Gnade umfasst:

(a) Jesu Geburt (Maide 5:110ba): ‘… Gedenke meiner Gnade, die ich dir und deiner Mutter erwiesen habe ...’ (b) Ausrüstung mit dem Heiligen Geist (Maide 5:110bb): ‘… (damals) als ich dich mit dem heiligen Geist stärkte ...’

(c) Jesu Botschaft (Maide 5:110bc): ‘... so daß du (schon als Kind) in der Wiege (mahd) zu den Leuten sprachst, und (auch später) als Erwachsener ...’

(d) Allah lehrte Jesus die Heiligen Schriften (Maide 5:110bd): ‘… und (damals) als ich dich die Schrift, die Weisheit, die Thora und das Evangelium lehrte ...’

(e) Gott erteilte Jesus die ausdrückliche Erlaubnis Wunder zu wirken (Maide 5:110be+bg):

- Erlaubnis neues Leben zu schaffen: ‘… und (damals) als du mit meiner Erlaubnis aus Lehm etwas schufst, was so aussah wie Vögel, und in sie hineinbliesest, so daß sie mit meiner Erlaubnis (schließlich wirkliche) Vögel waren ...’ - Erlaubnis Krankheiten zu heilen: ‘… und (als du) mit meiner Erlaubnis Blinde und Aussätzige heiltest ...’ - Erlaubnis Tote aufzuerwecken: ‘… und als du mit meiner Erlaubnis Tote (aus dem Grab wieder) herauskommen ließest ...’

→ Funktion der Wunder, es handelt sich um Beweise: ‘… als du mit den klaren Beweisen (baiyinaat) zu ihnen kamst ...’ Reaktion der Feinde: ‘… worauf diejenigen von ihnen, die ungläubig waren, sagten: "Das ist ganz offensichtlich Zauberei" ...’

(A.I.II.) Allah sorgt für Jesus und seine Nachfolger; es geht um das rechte Verhältnis zu Jesus: 

(f) Gott bewahrt Jesus vor seinen Feinden (Maide 5:110bf): ‘… und (damals) als ich die Kinder Israel von dir zurückhielt (so daß sie dir nichts anhaben konnten) ...’ (g) Gott wirkt Glauben in Jesu Nachfolgern (Maide 5:110c): ‘… Und (damals) als ich den Jüngern eingab: "Glaubt an mich und an meinen Gesandten!" Sie sagten: "Wir glauben. Bezeuge, daß wir (dir) ergeben (muslimuun) sind!"’ (h) Gott stärkt den Glauben der Jünger Jesu und schenkt ihnen einen Tisch aus dem Himmel (Maide 5:111-115):

- Die Jünger wünschen einen Tisch vom Himmel zur Unterstützung ihres Glaubens und ihres Zeugnisses: ‘… (Damals) als die Jünger sagten: "Jesus, Sohn der Maria! Kann dein Herr uns (wohl) einen Tisch (mit Speisen) (maa’ida) vom Himmel herabsenden?" Er sagte: "Fürchtet Allah, wenn (anders) ihr gläubig seid (und verlangt keine besonderen Wunderzeichen)!" Sie sagten: "Wir möchten von ihm essen und ganz sicher sein und Gewißheit (darbür) haben, daß du uns die Wahrheit gesagt hast, und (wir möchten) über ihn Zeuge sein." ...’ - Jesus bittet um den Tisch vom Himmel: ‘… Jesus, der Sohn der Maria, sagte: "Du Allah, unser Herr (allaahumma rabbanaa)! Sende uns vom Himmel einen Tisch herab, der (mit seinem Mahl) für uns von jetzt an bis in alle Zukunft eine Feier (`ied) und ein Zeichen von dir sein wird! Und beschere uns (Gutes)! Du kannst am besten bescheren."’ - Gott sendet den Tisch vom Himmel mit ernster Warnung: ‘… Allah sagte: "Ich will ihn euch (nunmehr) hinabsenden. Und wenn einer von euch nachträglich nicht glaubt, werde ich ihn (dereinst) auf eine Weise bestrafen, wie (sonst) niemand in der Welt (al-`aalamuun)."’


(A.II.) Jesus erfüllt das zweite Kriterium des Fürsprechers: Gott offenbart Jesus als vertrauenswürdigen Fürsprecher (Maide 5:116-117):

- Gottes Frage: ‘Und (dann), wenn Allah sagt: "Jesus, Sohn der Maria! Hast du (etwa) zu den Leuten gesagt: "Nehmt euch außer Allah mich und meine Mutter zu Göttern"? " ...’ - Jesu Antwort: ‘… Er sagt: "Gepriesen seist du! (wie dürfte man dir andere Wesen als Götter beigesellen!) Ich darf nichts sagen, wozu ich kein Recht habe. Wenn ich es (tatsächlich doch) gesagt hätte, wüßtest du es (ohnehin und brauchtest mich nicht zu fragen). Du weißt Bescheid über das, was ich (an Gedanken) in mir hege. Aber ich weiß über das, was du in dir hegst, nicht Bescheid. Du (allein) bist es, der über die verborgenen Dinge Bescheid weiß. Ich habe ihnen nur gesagt, was du mir befohlen hast (nämlich): "Dienet Allah, meinem und eurem Herrn!" Und ich war Zeuge über sie, solange ich unter ihnen weilte. Nachdem du mich abberufen hattest, warst du es, der auf sie aufpaßte. Du bist über alles Zeuge."’


Jesus in einer islamischen Darstellung des letzten Gerichts
Jesus erwählt aus allen Gesandten Gottes

(B) Jesus bittet für seine Nachfolger (Maide 5:118; Zaidan): ‘Solltest DU sie peinigen, so sind sie doch Deine Diener. Doch solltest DU ihnen vergeben, so bist DU gewiß Der Allwürdige, Der Allweise.’


(C) Gott akzeptiert Jesu Fürbitte (Maide 5:119): ‘Gott wird gewiß sagen: "Dies ist der Tag, an dem die Anhänger der Wahrheit von ihrer Wahrhaftigkeit Nutzen ziehen werden." [Azhar] Ihnen werden Gärten zuteil, in deren Niederungen Bäche fließen, und in denen sie ewig weilen werden. Allah hat (dann) Wohlgefallen an ihnen, und sie an ihm. Das ist das große Glück (al-fauz al-`aziem).’ Wie aus Maide 5:113 hervorgeht, sind die ‘Anhänger der Wahrheit’ diejenigen, die am Mahl vom Himmel teilgenommen haben: ‘Sie sagten: "Wir wollen davon essen, und unsere Herzen sollen beruhigt sein, und wir wollen wissen, daß du in Wahrheit zu uns gesprochen hast, und wollen selbst dafür Zeugnis ablegen"’ (Rassoul).


(D) Der Plan Gottes kommt zu seiner endgültigen Vollendung (Maide 5:120): ‘Allah hat die Herrschaft über Himmel und Erde und (alles) was im Himmel und auf Erden ist. Er hat zu allem die Macht.’


In der hier vorgeschlagenen Struktur können zwei verschiedene Themenbereiche unterschieden werden:

Zum einen das Thema der Wahl des Fürsprechers mit anschliessender Fürbitte und Gottes Antwort darauf. Die Hauptpunkte sind (A)-(D).

Zweitens enthält der Text das Unterthema Gottes Sicht auf Jesus: Punkte (A.I.-A.II.). Darin entscheidet Gott über die Unterschiede im Verständnis Jesu, die zwischen den verschiedenen monotheistischen Glaubensrichtungen (Juden, Christen und Muslime) bis zum Jüngsten Gericht bestehen (siehe Al-i Imran 3:55; Nisa 4:159). Zunächst interessiert uns das zweite Thema (A.I.-A.II.), um herauszufinden, was es nach dem Koran bedeutet, dass Jesus der Messias Gottes ist.



1 Sûrenin son bölümünde (âyet 110-120) Hz. Îsâ’nın Allah tarafından nâil olduğu mazhariyetler, ona has mûcizeler anlatılmakta, kısaca havârilerden söz edildikten sonra Allah ile Îsâ arasında bir diyalog üslûbuyla hıristiyanların Hz. Îsâ hakkındaki bâtıl inançları düzeltilmektedir. Sûre Allah’ın mutlak hükümranlığını ve kudretini ifade eden âyetle sona ermektedir. (M. KÂMİL YAŞAROĞLU, "MÂİDE SÛRESİ", TDV İslâm Ansiklopedisi, https://islamansiklopedisi.org.tr/maide-suresi (24.04.2025)).


2 Zeynep Ceran, KUR’AN-I KERİM’DE AHİRET HAYATININ AŞAMALARINI ANLATAN KAVRAMLARIN TASNİF VE TAHLİLİ, in https://acikbilim.yok.gov.tr/bitstream/handle/20.500.12812/609133/yokAcikBilim_10012874.pdf?sequence=-1&isAllowed=y (besucht, 22/04/2025).

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