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Die Struktur der Diskussion in Nisa 4:156-159

  • kesfetmekursu
  • 31. Mai 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 5. Mai

In der Auseinandersetzung mit den Juden, wie dargestellt in Nisa 4:156-159, lässt sich die

Bambus-Struktur (https://www.pinterest.com/pin/580190364476872451/)

folgende Struktur erkennen:

I.A. Erstes Argument der Juden gegen die Messianität von Jesus: ‘und weil sie … gegen Maria eine gewaltige Verleumdung vorbrachten’ (v. 156);

I.B. Diskreditierung der Kritiker: ‘und weil sie ungläubig waren und … eine gewaltige Verleumdung vorbrachten’ (v. 156);

II.A. Zweites Argument der Juden gegen die Messianität von Jesus, talmudische Gegendarstellung zum Evangelium: ‘und (weil sie) sagten: ‘Wir haben Christus Jesus, den Sohn der Maria und Gesandten Allahs, getötet’’ (v. 157a);

II.B. Widerlegung der talmudischen Gegendarstellung: ‘... Doch sie haben ihn nicht getötet, und sie haben ihn auch nicht gekreuzigt, sondern es schien ihnen nur (als ob es) so (gewesen wäre); und, wahrlich, jene, die widersprüchliche Ansichten darüber haben, sind fürwahr verwirrt, haben kein (wirkliches) Wissen davon und folgen bloßer Mutmaßung. ...’ (M. Asad, v. 157b);

III.A. Drittes Argument der Juden gegen die Messianität von Jesus: Dieses Argument wird nicht explizit erwähnt, kann aber aus der jüdischen Behauptung ‹Wir haben Christus Jesus, den Sohn der Maria und Gesandten Allahs, getötet ...› und der koranischen Relativierung ‘... Denn sie wissen nicht mit Sicherheit, dass sie ihn getötet haben’ (3:157; meine Übersetzung) herausgehört werden. Aus ähnlichen Diskussionen von Juden mit Christen wissen wir, dass sie behaupteten, Jesus sei nie auferstanden – die Jünger oder eine andere Person hätten den toten Leib nur versteckt und so sei der Eindruck entstanden, Jesus habe das Grab verlassen – und schmore für ewig in der Hölle;

III.B. Diskreditierung der Kritiker: ‘… Denn sie haben ihn mit Gewißheit nicht getötet’ (v. 157c), das heisst, die Juden können nicht beweisen, dass Jesus für alle Ewigkeit tot bleibt und in der Hölle schmort;

IV. Koranisches Argument für Jesu Messianität: ‘Nein [im Gegenteil], Allah hat ihn zu sich (in den Himmel) erhoben. Allah ist mächtig und weise.’ (vv. 157b und 158). Jesu Erhöhung zu Gott in eine Position, in der er Adam bei der Erschaffung gleicht (Al-i Imran 3:59), widerlegt die drei Argumente der Juden gegen Jesu Messianität;

V. Konsequenzen der Messianität Jesu für die Leute der Schrift: ‘Und es gibt keinen unter den Leuten der Schrift, der nicht vor seinem Tod daran glauben wird; und am Tage der Auferstehung wird er ein Zeuge gegen sie sein.’ (M.A. Rasoul; v. 159). Die Messianität Jesu muss von jedem, der in den Himmel kommen will, geglaubt werden und wird Thema sein im Letzten Gericht. Jesus selber wird gegen diejenigen als Zeuge auftreten, die zu Lebzeiten nicht an ihn als Messias geglaubt haben.


Zusammenfassung: Offensichtlich reagiert Muhammed ganz aufgebracht gegen die von den Juden vorgetragene Kritik am Messiasanspruch von Jesus: Das erste Argument der Juden gegen Jesu Messianität ist ihre Kritik an Maria (I.A.). Muhammed diskreditiert die Anschuldiger mit den Bemerkungen ‘ungläubig’ und ‘Verleumdung’ (I.B.). Beim zweiten Argument der Juden gegen Jesu Messianität handelt es sich um die talmudische Gegendarstellung zu der Erzählung von Jesu Abberufung, wie sie in den Evangelien vorzufinden ist (II.A.). Der Koran lehnt diese talmudische Darstellung der Abberufung Jesu deutlich ab, indem er die falschen Grundannahmen dieser Darstellung aufdeckt: die Juden haben Jesus ‘nicht getötet … nicht gekreuzigt’ – weder historisch noch moralisch und vor allem nicht theologisch –, vielmehr wurden sie getäuscht, ihnen fehlt das sichere Wissen (II.B). Die dritte Kritik der Juden – Jesus büsse für ewig in der Hölle – wird nicht explizit erwähnt im Koran, aber mit der Diskreditierung der Kritiker angedeutet, ‘Denn sie haben ihn mit Gewißheit nicht getötet’ (III.B). Mit der Einleitung ‘nein’ oder «im Gegenteil» in Vers 158 wird die koranische Gegenposition zur jüdischen Kritik an Jesu Messianität eingeleitet: Die Juden argumentierten, dass Jesus nicht der Messias sei, und der Koran antwortet nun darauf: nein, diese Darstellung stimmt nicht, weil Gott selber die Messianität von Jesus verteidigt hat (IV). Mit der Antwort auf die jüdische Kritik in Vers 158 scheint Jesu Messianität gesichert, es braucht keine weiteren verteidigenden Argumente mehr. Der Koran erklärt nur noch, welche praktischen Konsequenzen die Messianität Jesu für das Leben der Juden (und darüber hinaus) hat: Entweder sie entscheiden sich noch vor ihrem Ableben, an Jesus als den Messias zu glauben, oder sie riskieren eine Anklage von Jesus beim letzten Gericht (V).


Aus der obigen Diskussion geht die folgende Logik in Nisa 4:156-159 hervor: A) Behauptung der Juden: Jesus ist nicht der Messias, weil: i) Jesus nicht aus der Familie von König David stammt (gewaltige Verleumdung gegen Maria); ii) Jesus als Verräter, Gotteslästerer und Verführer starb und er wegen seiner Aufhängung ans Kreuz als von Gott Verfluchter abgestempelt wurde. B) Kritik dieser Behauptung: Der Koran kritisiert diese jüdische Argumentation: i) die Juden haben den Messias nicht getötet - weder im geschichtlichen Sinne, vorallem aber nicht was die theologische Seite einer solchen Aussage betrifft; ii) es erschien ihnen nur so als ob sie Jesu Messianität diskreditieren hätten können; iii) sie sind im Zweifel was mit Jesus bei seiner Abberufung von der Erde wirklich geschah; iv) es fehlt ihnen am notwendigen Wissen über Gottes Umgang mit der Situation; v) sie folgen Vermutungen, nicht Tatsachen in ihrer Argumentation gegen Jesu Messianität; vi) sie haben keine totale Gewissheit über Gottes endültige Beurteilung von Jesus; C) Widerlegung der Juden: Und liefert dann das absolut überführende Gegenargument, eingeleitet mit dem schwergewichtigen Wort «im Gegenteil»: Gott hat Jesus zu Sich erhöht». Die Juden irren grundlegend wenn sie glauben, die Messianität Jesu widerlegen zu können, weil Gott selber ihn in die dem Messias zustehende Ehrenposition erhöht, und damit als Messias proklamiert hat. D) Konsequenzen: Schlussendlich wird die aus diesem Gegenargument resultierende unübersehbare Schlussfolgerung gezogen: Schriftbesitzer müssen vor ihrem Tode Jesus als Messias und Gesandten Gottes akzeptieren, ansonsten lehnen sie sich gegen Gottes unwiderrufliche Bestätigung von Jesus als Messias auf, und der von Gott gerechtfertigte Jesus wird selber beim Letzten Gericht gegen solche Leugner zeugen.

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